Endlich wieder Salzwasser unterm Kiel. Nun geht es straight Richtung Atlantik. Auch die letzte Schleusung läuft ganz unproblematisch. Fast ist es ein wenig traurig, den Caledonian Canal mit all seinen schönen Ecken im Kielwasser lassen zu müssen, aber immerhin liegt eines DER Segelreviere schlechthin vor mir: Die schottische Westküste.
Zum Neubeginn des Tidensegelns habe ich meine Startzeit mal wieder sehr konservativ gelegt. Eigentlich sollte ich die ganze Zeit Strom von hinten haben. Soweit der Strom nicht zu stark ist kann man zwar auch hier manchmal gegen den Strom segeln denke ich mir, es ist aber eben doch anstrengend und zeitraubend. Doch schon nach wenigen Meilen kommen die Corran Narrows, eine Engstelle. Eine kleine Landnase schiebt sich hier seitlich in den Fjord hinein und lässt nur eine wenige hundert Meter breite Durchfahrt für all die Wassermassen Platz. Obwohl die See heute Morgen sehr ruhig ist, geht hier richtig die Post ab. Der Strom beträgt 6-7kn (zum Glück von hinten) und überall bilden sich kleine Strudel und Stromteppiche. Man kann sich das Ganze so vorstellen, als ob man pausenlos direkt im Schraubenwasser eines großen Frachters fährt. Der Druck an der Pinne ist enorm.
Heute war das ganze zwar nicht gefährlich, zeigte mir aber dennoch auf, dass genaue Planung hier unerlässlich ist. Schon bei ein wenig mehr Wind aus der falschen Richtung könnte diese Stelle unpassierbar sein. Und von dieser Sorte gibt’s hier genug…
Ich bin aufgeregt. Neben den tückischen Strömungen segelt man hier immerhin am Rande des Atlantiks. Das Wetter ist zwar schön, der Wind kommt aus der richtigen Richtung, könnte sich aber jederzeit ändern. Und das Ganze ist auch einfach neu für mich. Ein völlig neues Revier, völlig neue Bedingungen, da kommt man sich auf einmal ganz klein und unerfahren vor. Selbst nach allem was auf diesem Trip schon hinter mir liegt.
Trotzdem bleibt Zeit die unglaubliche Landschaft um mich herum zu genießen. Eigentlich dachte ich ja, dass die Berge hier draußen an der Westküste wieder kleiner werden würden. Und doch fühle ich mich wie in Fjordnorwegen. Der Fjord der etwa 20NM nach Corpach hineinführt ist an beiden Seiten von gewaltigen Bergen umgeben. Fast habe ich das Gefühl sie stehen noch dichter beisammen als im Loch Lochy.
Auch als ich Richtung Westen in den Sound of Mull abbiege wird das Ganze nicht weniger eindrucksvoll. Schroffe Felsberge, oft mit einer kleinen Haube von Wolken, bewaldete Hänge mit kleinen Hütten, Klippen an denen sich die heute zum Glück kleinen Wellen brechen. Ich kann kaum genug davon bekommen. Als sich der Hafen von Tobermory nähert und ich nach kurzer Anmeldung über Funk (die ist auch hier so üblich) festgemacht habe, bin ich dementsprechend auch echt platt. Die schwierige Navigation, das ungewohnte Revier und gleichzeitig noch die Schönheit der Landschaft zu genießen fordern ihren Tribut. Vor meinem obligatorischen Stadtrundgang halte ich erst mal eine kleine Augenentspannungsphase (Pennen) im Cockpit ab.
Beim Aufwachen habe ich dann gleich die Promenade von Tobermory im Blick. Anders als die Schotten an der Ostküste haben die Bewohner dieses kleinen Ortes nämlich schon die Farbe entdeckt! Jedes der Häuser am Hafen strahlt in einer anderen Farbe. Tatsächlich bis hin zu Pink. Der Rest des Ortes liegt auf einer Anhöhe über der Hafenpromenade. Der Blick von hier oben ist absolut traumhaft. Der kleine Ort, die Bucht mit den vielen Booten vor Anker und dahinter die Highlands. Ein echter Postkartenort. Hier werde ich glaube ich noch einen Tag bleiben um einfach mal abzuschalten.
Morgens habe ich sowieso noch einen Programmpunkt vor mir. Meinen ersten Whisky-Destilleriebesuch auf dieser Schottlandreise. Hier in Tobermory befindet sich nämlich eine ganz kleine urige Destille, die Führungen anbietet. Ein Besuch in einer Whisky- Destillerie ist natürlich Pflicht wenn man schon mal in Schottland ist. Und obwohl ich bisher gar kein so großer Fan von Whisky war, steckt die Leidenschaft der Schotten für ihr Lebenswasser, ihr „Uisge Beatha“, oder anglisiert eben Whisky, echt an. Die Geschichte, der Geschmack und jeder einzelne Produktionsschritt werden genau erklärt. Was ich bisher tatsächlich nicht wusste ist, dass Whisky quasi ein Brand aus Bier ist. Die ersten Produktionschritte, nämlich das Mälzen von Gerste und das Maischen, sind nämlich genau so wie beim Bier. Danach wird die so entstandene Stammwürze mit Hefe versetzt und so vergoren. Ebenfalls wie beim Bier. Erst jetzt wird das so gewonnene Zwischenprodukt in verschiedenen Schritten mehrfach destilliert und in alte Bourbon- oder Sherry-Fässer aus Holz zum Reifen fast unendlich lange eingelagert. Heraus kommt eine uralte und kräftige Spirituose. Der manchem Whisky anhaftende rauchige Geschmack kommt übrigens vom Mälzen mit Torfrauch. Wieso der hier auf den westschottischen Inseln früher benutzt wurde ist so einfach, dass ich vorher nicht drauf gekommen bin: Auf den kargen und vom Atlantik durchgepusteten Inseln gabs einfach zu wenig Brennholz. Torf hingegen war im Überfluss vorhanden. Kurz gesagt ist das der große Unterschied der westschottischen Inselwhiskys zu denen aus den Highlands oder von der Ostküste.
Ihr seht, ich habe aufgepasst und was gelernt als ich bei strahlendem Sonnenschein zurück zum Schiff wandere. Dort allerdings muss ich allerdings schon wieder umplanen…
- Das Segeln hier ist traumhaft schön aber auch anstrengend.
- Den Sound of Mull hoch Richtung Tobermory.
- Anders als sonstwo in Schottland scheint es im Baumarkt von Tobermory auch Farbe zu geben!
- ALLEN möglichen Farben…
- Ab nun wieder Salzwasser unterm Kiel.
- Von Tobermory nach Oban
- Als erstes wird die gemalzte Gerste geschrotet…
- Die herrliche Landschaft entschädigt jedoch für die navigatorischen Tücken.
- Und alle paar Meilen steht eine Burgruine am Ufer.
- Segeln an der schottischen Westküste. Mal wieder zeigt erst der Größenvergleich zu einem vorbeifahrenden 40 Fuß Boot wie riesig die Berge hier sind.
- Die Häuser strahlen in allen möglichen Farben.
- Angekommen in Tobermory. Ein herrlicher Sommertag.
- Kristallklares Atlantikwasser im Hafen.
- Die Würze wird dann mehrfach gebrannt…
- Ein wirklich netter Ort.
- Die entstandene Würze wird dann in riesigen Holzfässern mit bis zu 30000L mit Hefe versetzt und so vergoren.
- Der Blick auf die Bucht von Torbermory.
- Segeln in Schottlands Westen.
- Fast schon mediterrane Züge hat dieser Hafen im Sommer.
- …und mindesten 3 Jahre in Eichenfässern gereift. Ein guter Whisky braucht allerdings mindestens 10 Jahre 😉
- Und hier gibt es eine Destillerie. Ein Besuch einer solchen ist auf einem Schottlandbesuch ein Muss.
- …und vermaischt….
- Brennereiprobe!