Vor dem nächsten Schlag den ich mir in den Kopf gesetzt hatte, war ich ziemlich aufgeregt. Es sollte von Kilmore Quay in einem bis auf die Isles of Scilly an Englands Westspitze gehen. 140 SM insgesamt. Keine Strecke die ich bisher noch nicht hinter mich gebracht hätte, doch ging es hier über den offenen Atlantik. Keine schottische Insel, kein Großbritannien wie noch in der Nordsee, das mir Deckung geben würde. Querab würde noch noch New York liegen. Also so sinngemäß…
Also suchte ich mir einen Tag mit absehbar ruhigem Wetter aus. Mit der kleinen Nonsuch wäre es töricht sich hier riskantes Wetter auszusuchen. Zwar könnte ich notfalls auch noch einen anderen Hafen anlaufen, allerdings wären die auch alle relativ weit weg. Fast wie vor einigen Wochen auf der Nordsee…
Bei feinem Wetter verließ ich nun also Irland. Zum Abschied ging es noch durch die vor Kilmore Quay liegenden Saltee Islands. Grün, felsig und schroff, so wie man sich Irland vorstellt. Vor mir lag nun der offene Atlantik. Oder die Keltische See um es ganz genau zu nehmen. Obwohl das Wetter sehr ruhig ist, steht eine beeindruckende Dünung. Sicherlich 2m geht es ständig auf und ab. Allerdings in so langsamen und ruhigen Bewegungen, dass jede Ostseewelle unangenehm dagegen wirkt. Mit jeder Meile sinkt meine Anspannung. Dass der Horizont ab und an in den Wellentälern verschwindet ist mittlerweile irgendwie schon Normal geworden. Auch die Delfine, die mich fast den ganzen Nachmittag begleiten, gehören irgendwie schon fest dazu. Ich erinnere mich noch an meinen ersten Delfin auf der Nordsee vor einigen Wochen, bei dessen Anblick ich völlig aus dem Häuschen war. Jetzt lege ich mein Buch nur kurz zur Seite um den Kollegen zuzuschauen…
Neu für mich ist allerdings, dass ich in der Mittagsflaute gleich mehrmals von Haien umkreist werde. Für Delfine bewegen sich die Flossen zu langsam und bedächtig,für Wale sind die Viecher zu klein. Irgendwie ein merkwürdiges Gefühl hier draußen ohne eine andere Menschenseele um mich herum von Haien belauert zu wissen. Ne Bifi ins Wasser zu werfen lass ich dann auch lieber sein…
Andere Schiffe sehe ich den ganzen Tag nicht. Selbst das AIS bleibt meistens leer. Und 5000 SM querab liegt New York oder so. Mit diesem merkwürdigen Gefühl verabschideet sich dieser Tag auf See. Ich bereite mein Nachtlager, koche ein wenig Wasser für Kaffee und Tütensuppe auf, und schalte auf Rotlicht um. Da es weitgehend ruhig bleibt komme ich sogar dazu ein wenig in kleinen Häppchen zu schlafen. Als die Sonne aufgeht, liegen die Scilly Islands schon am Horizont voraus. Das Abenteuer Atlantik ist fast schon wieder vorbei.
Wenige Stunden später mache ich an einer Mooring in St. Marys Pool, dem Haupt“hafen“ der Insel fest und spüre gleich, dass ich an einem ganz besonderen Ort angekommen bin. Endlich ist mal wieder Sommerwetter, der Ort mit seinen weißen Häusern ist von Palmen umringt. Ich habe das Gefühl ich bin über Nacht in einem völlig anderen Revier gelandet.
Ich beginne meine Inselerkundung natürlich mit einem Gang zum Hafenmeister. Der klärt mich dann auch mit einem Augenzwinkern darüber auf, dass es „Isles of Scilly“ und nicht „Scilly Islands“ heißt. Denn das würde auf Englisch schließlich komische Inseln heißen. Lustiger Typ. Offenbar ist man hier auf seine Teilautonomie genau so stolz wie auf der Isle of Man vor einigen Wochen.
Während ich so durch den Hauptort Hugh Town schlendere, fällt mir auf, dass es hier wirklich nicht wie in England aussieht. Die weiß getünchten Häuschen gibt es dort zwar auch, aber in den Gärten stehen hier überall echte Palmen. Nicht so kleine Yucca-Büropalmen, sondern richtig fette Dinger. Dazu blüht es an jeder Ecke die Menschen sind entspannt, fröhlich und locker. Bei mir kommt richtige Urlaubsstimmung auf. So langsam frage ich mich, ob ich nicht im Mittelmeer gelandet bin…
Je weiter ich in die Inselwelt eintauche, desto begeisterter bin ich. Irgendwann lasse ich die Hauptinsel St. Marys hinter mir, und mache einen Ausflug auf die kleine Nebeninsel Tresco. Schon unterwegs fällt mir das kristallklare Wasser auf. Obwohl es mehr als 6m tief sein soll, sieht man durch das stahlblaue Wasser Grund, Fische und Pflanzen. Auf Tresco selbst bin ich dann völlig erschlagen von der Anmut der Insel. Kern ist eine alte Klosteranlage mit botanischen Gärten, dessen Triebe sich auf der ganzen Insel breitgemacht haben, und so blüht es hier an noch mehr Ecken als auf St. Marys. Dazu gibts dann auch noch weiße Strände und über 20°. Wo bin ich hier nur gelandet? Irgendwie sieht es aus wie Südfrankreich….
Abschließend klärt sich diese Frage für mich zurück auf St. Marys: Auf einem meiner letzten Streifzüge wandere ich auf den Festungshügel. Dort oben befindet sich eine alte Garnison aus dem 16. Jhd., mit Flaggenast und einem Union Jack der von der ganzen Insel aus zu sehen ist. Das ganze sieht aus wie ein Gouverneurssitz einer britischen Garnison in den alten Piratenfilmen. Die Schatzinsel und Fluch der Karibik lassen grüßen. Als ich dann von dort oben auf die Bucht mit ihrem blauen Wasser und den Palmen im Ort hinunterschaue hab ich auf einmal Steeldrumklänge im Kopf und weiß ich wo ich gelandet bin: Das hier ist die Britische Karibik.
- Los gehts in Richtung Atlantik…
- Die Saltee Islands. Zum Abschied noch einmal…
- Irland wie man es sich vorstellt…
- Delfine kommen den ganzen Tag immer wieder zum Spielen vorbei…
- Und auch einige Haie (?!) umkreisen die Nonsuch…
- So macht das Blauwassersegeln Spaß.
- Unterwegs in der Keltischen See.
- So geht es in die Nacht auf offener See…
- Es wird noch einsamer als tagsüber…
- Am Morgen kommen die Scillys in Sicht…
- Die Landschaft gefällt mir vom ersten Augeblick an.
- Das Wetter tut sein übriges.
- Der Hauptport Hugh Town strahlt Ruhe und Gelassenheit aus.
- Hugh Town.
- Ich bemerke, dass Palmen und allerlei Blumen wegen des Golfstrom Klimas auf den Inseln allgegenwärtig sind…
- Hugh Town.
- Zwischen den zahlreichen Inselchen gibt es Ankerplätze…
- …mit kristallklarem Wasser. So langsam komme ich mir hier vor wie in der Karibik…
- …was sicherlich auch an den Palmen liegt.
- Ausflug nach Tresco.
- Südfrankreich, Karibik, Mittelmeer. Das hat irgendwie nichts mit der rauen Landschaft der letzten Wochen zu tun.
- Tresco, Scilly Islands
- Tresco ist berühmt für seine Klostergärten und deren Blütenpracht. Die Insel blüht in allen möglichen Farben.
- An der Landschaft kann ich mich kaum sattsehen.
- Mittelmeerfeeling im Nordatlantik.
- Britische Karibik.
- Der Haupthafen der Scillys ist eigentlich nur ein großes Mooringfeld.
- Auch die kleine Nonsuch liegt an einer Boje.
- Bei Anblick des Strandes in Hugh Town kommen das erste Mal seit Wochen wieder so richtige Sommergefühle auf. Warm ist es auch noch.
- Hugh Town.
- Hugh Town.
- Blumen über Blumen…
- …Pflanzen über Pflanzen. Alles auf der Insel blüht.
- Ich erkunde den Ort weiter und arbeite mich auf den Festungshügel vor…
- Hoch oben über der Stadt thront eine alte Festung. Fast wie ein Gouverneurssitz aus Fluch der Karibik…
- Für das richtige Feeling fehlen jetzt eigentlich nur noch Steeldrums…
- Britische Karibik.
Toller Bericht ! Weiterhin immer eine Handbreit Wasser unter dem Kiel ! Die Saltee Islands sind sogar touristisch erschlossen. Kurios, oder ? Ich war mit meinem Mann und den Schwiegereltern dort, als ich ein Jahr auf Delegation in Dublin war. Ein kleines Motorboot schmeißt die Touris in der Bucht direkt raus. Barfuss geht es an den Strand. Auf der unbewohnten Insel sind Brutkolonien von Papageientauchern und Basstölpeln zu sehen. Sonst nur Farne und herrliche Ruhe.
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